BGH stärkt erneut Bankkunden bei Ausstieg aus Immobilienfinanzierung

In einem Rechtsstreit um hohe Kosten für einen Bankkunden beim vorzeitigen Ausstieg aus einem Immobilienkredit hat die Commerzbank AG eine weitere Niederlage vor Ge­richt kassiert.

Der Bundesgerichtshof (BGH, AZ: XI ZR 320/20) wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Kreditinstituts gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. aus dem Jahr 2020 zu­rück. Hierbei wurde die Commerzbank AG verurteilt, vom Kunden bereits bezahlte Vorfällig­keitsentschädigung i.H. von knapp EUR 21.600,00 zurück zu zahlen !

Damit ist das Urteil des OLG Frankfurt a.M. rechtskräftig.

Das Urteil sorgte seinerzeit für großes Aufsehen, da nach Recherchen des „Handelsblatts“ rund 95.000 Darlehensverträge, die ab dem 22.03.2016 geschlossen worden sind, betroffen sind.

 

Vorfälligkeitsentschädigung sichert volle Gewinnmarge für Banken

Nahezu einmalig in Deutschland besteht weiterhin im Gesetz der Anspruch einer Bank auf Vorfälligkeitsentschädigung, wenn der Kunde aus berechtigtem Interesse vorzeitig einen Im­mobilienkredit zurückzahlen will. Die derzeitige gesetzliche Regelung zur Vorfälligkeitsent­schädigung sichert den Banken die volle Gewinnmarge, während die Risiken gescheiterter Finanzierungen einseitig auf den Verbraucher abgewälzt werden.

Umso erfreulicher ist es, dass Gerichtsentscheidungen aus diversen Gründen die Rechtspo­sition für Verbraucher erheblich verbessern.

Bei Kündigung einer Hausfinanzierung müssen Verbraucher oft viel Geld an die Bank zahlen – zu viel, wie Verbraucherschützer seit Jahren monieren. Den Kreditinstituten wird hierbei vor­geworfen, nicht transparent über die Berechnung der sog. Vorfälligkeitsentschädigung in den Verträgen aufzuklären.

 

OLG Frankfurt a.M.: Vorfälligkeitsentschädigung ohne Rechtsgrund geleistet

Im konkreten Fall sollte der Kreditnehmer für die Ablösung von zwei Darlehen mehr als EUR 21.500,00 an die Commerzbank AG zahlen. Mit einer solchen Entschädigung sichern sich Geldhäuser vereinfacht gesagt einen Ausgleich dafür, dass ihnen im Fall einer vorzeitigen Kündigung eines Kreditvertrages Zinseinnahmen entgehen.

Das OLG Frankfurt a.M. war zu der Auffassung gelangt, dass die Ausführungen der Commer­zbank AG zur Berechnung der Entschädigung in den streitigen Darlehensverträgen „nicht den gesetzlichen Anforderungen“ genügen. Die Angaben müssten „klar, prägnant, verständlich und genau“ sein. Das Fazit des OLG als zweite Instanz in diesem Verfahren: „Die Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung erfolgte ohne Rechtsgrund. Eine Zahlungsverpflichtung bestand nicht.

Damit konnte der Kunde die bereits bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurück fordern.

 

Bedeutung des Urteils auch für Kunden anderer Banken

Das nun vom BGH bestätigte Urteil ist auch für Kunden anderer Banken von Bedeutung. Ei­nige Kreditinstitute hätten zwar Formulare überarbeitet, doch auch diese sind nach unserer Ansicht weiterhin angreifbar. Es gibt demnach für zahlreiche Privatleute / Verbraucher die Mög­lichkeit, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu vermeiden bzw. zurück zu fordern.

Dies gilt jedenfalls für Darlehensverträge, die ab dem 22.03.2016 abgeschlossen worden sind. Der Gesetzgeber hatte seinerzeit festgeschrieben, dass Banken ihre Kunden gerade auch bei Baufinanzierungen deutlich über die sog. Vorfälligkeitsentschädigung belehren müssen.

Nach unseren Beobachtungen und Erfahrungen erfüllen allerdings zahlreiche Banken und Sparkassen die gesetzlichen Informationspflichten über die Art und Weise und die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung gerade nicht. Die Fehler der Institute sind höchst unter­schiedlich, führen aber in der Rechtsfolge stets dazu, dass der Darlehensnehmer keine Vor­fälligkeitsentschädigung bezahlen muss oder bereits geleistete Entschädigungsbeträge zu­rückfordern kann.

 

Konkrete Vertragsgestaltung maßgeblich …

Zahlreiche Banken und Sparkassen verlangen zu viel Geld vom Kunden für den Ausstieg aus einer Immobilienfinanzierung. Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ist teils so komplex, dass sogar die Kreditinstitute scheiterten, ihren Informationspflichten nachzukom­men. Das OLG a.M. hielt in dieser Entscheidung zwar fest, eine Bank habe das Recht, „eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzah­lung zusammenhängenden Schaden“ zu verlangen. Dieser Anspruch sei jedoch „ausge­schlossen, wenn im Vertrag unter anderem die Angaben über die Berechnung der Vorfällig­keitsentschädigung unzureichend sind“.

Wir raten betroffenen Kunden daher, sich gegen die Vorfälligkeitsentschädigung zu wehren und die Klausel zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in Verträgen ab dem 22.03.2016 fachkundig prüfen zu lassen. Für eine erste Vorprüfung Ihrer Ansprüche stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.

Patrick M. Zagni

Rechtsanwalt und Fachanwalt

für Bank- und Kapitalmarktrecht

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01.07.2021
Patrick Zagni
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