In zahlreichen Fällen besteht jedoch die Möglichkeit, einen solchen Kredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung ablösen zu können. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Kredit nach dem 02.11.2002 abgeschlossen wurde und die Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen ist. Dies liegt daran, dass ab diesem Zeitpunkt § 495 BGB jedem Verbraucher ein Widerrufsrecht von zwei Wochen einräumt, das allerdings dann nicht zu laufen beginnt, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen ist.

Das „ewige Widerrufsrecht" .....

Sollte die Widerrufsbelehrung im ursprünglichen Darlehensvertrag fehlerhaft gewesen sein, besteht daher ein so genanntes „ewiges Widerrufsrecht". Ein Kredit kann deshalb sogar dann noch widerrufen werden, wenn er bereits abgelöst worden ist. Die Bank muss dann z.B. die bei der Ablösung bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung, ein eventuelles Agio oder eine Bearbeitungsgebühr zuzüglich Zinsen zurückzahlen. In einigen von uns bearbeiteten Fällen bieten die Banken auch an, die Kredite zu einem geringereren, heute marktüblichen Zins, weiter zu führen.

Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen ....

Die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung sind in § 355 BGB normiert. Eine ordnungsgemäße Belehrung ist an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft, die von der Rechtsprechung weitere Konkretisierungen erfahren hat. Demzufolge sind auch die Fehler seitens der Kreditinstitute vielfältig.

Gemäß § 355 Abs. 2 BGB beginnt die Widerrufsfrist erst mit dem Erhalt einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung in Textform. Eine Widerrufsbelehrung muss danach eine deutliche Belehrung über die wesentlichen Rechte und Pflichte enthalten. Sie muss sich zudem vom übrigen Vertragstext hervorheben und deutlich gestaltet sein.

Die Widerrufsbelehrung muss insbesondere weiter darüber informieren, dass die entsprechende Willenserklärung zum Abschluss des Vertrages innerhalb einer Widerrufsfrist von vierzehn Tagen (§ 355 BGB neue Fassung) bzw. zwei Wochen (§ 355 BGB alte Fassung) widerrufen werden kann. Der Verbraucher ist hier ausdrücklich darüber zu informieren, dass der Widerruf an keine zusätzlichen Voraussetzungen gebunden ist, ohne Angabe von Gründen erfolgen kann, aber in Textform erfolgen muss. Ferner muss der Verbraucher ausdrücklich darüber belehrt werden, dass bereits die rechtzeitige Absendung des Widerrufs die vorgegebene Frist wahrt.

Von besonderer Bedeutung ist deshalb die erforderliche Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist. Erforderlich ist in dieser Hinsicht eine eindeutige Benennung des maßgeblichen Ereignisses, das die Frist in Gang setzt und vom Verbraucher auch eigenständig ermittelt werden kann.

Zum Beispiel ist die Widerrufsbelehrung dann falsch, wenn darin enthalten ist, dass der Widerruf als nicht erfolgt gilt, wenn der Verbraucher den Kredit nicht innerhalb von zwei Wochen zurückzahlt (BGH, Urteil vom 28.06.2011, AZ: XI ZR 349/10).

Fehlerhaft ist die Belehrung auch dann, wenn die Widerrufsfrist erst mit dem Eingang des unterschriebenen Darlehensvertrages bei der Bank zu laufen beginnen soll (BGH, Urteil vom 24.03.2009, AZ: XI ZR 456/97) oder wenn die Widerrufsbelehrung offen lässt, ob zwischen dem Kredit und einem mit finanzierenden Kaufvertrag ein verbundenes Geschäft besteht. Die ING-DiBa AG verwendete eine solche Klausel in ihren Belehrungen z.B. in 2010:

"... Die Widerrufsfrist beginnt ebegnfalls nicht vor Vertragsabschluss zu laufen. Dieser erfolgt am Tag des Eingangs des von Ihnen unterschriebenen Darlehensvertrags bei der ING-DiBa. ..."

Die in Widerrufsbelehrungen verwendete Formulierung:

” Die Widerrufsfrist beginnt einen Tag nachdem der/die Darlehensnehmer/Gesamtschuldner ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten hat/haben und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags ausgehändigt wurde.”,

die u.a. die BHW Bausparkasse AG z.B. im Jahre 2009 verwendet hat, ist nach hiesiger Ansicht fehlerhaft, weshalb auch heute noch der Vertrag widerrufen werden kann.

Oftmals ist die Belehrung auch dann falsch, wenn die Widerrufsfrist „frühestens mit Erhalt der Belehrung" zu laufen beginnen soll (BGH, Urteil vom 28.06.2011, AZ: XI ZR 349/10) - eine Formulierung, die die DSL Bank z.B. im Jahr 2006 oder die DKB (Deutsche Kreditbank) AG in 2008 verwendeten:

"Die Widerrufsfrist beginnt fühestens mit Erhalt dieser Belehrung."

Finanziell lohnt es sich allemal ..

Es ist deshalb anzuraten, dass Verbraucher ihre Darlehensverträge fachkundig überprüfen lassen. Zumal wenn sie für die Ablösung des Kredits eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben oder zahlen sollen. Zudem besteht bei laufenden Krediten ein Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückzahlung von sämtlichen von ihm geleisteten Raten zuzüglich einer Verzinsung hierauf. Finanziell lohnt sich deshalb eine Überprüfung der Belehrung und eine eventuelle Geltendmachung in finanzieller Hinsicht allemal. Unsere reichhaltige außergerichtliche und gerichtliche Erfahrung in Widerufsfällen wird Ihnen sicher helfen.

 

Patrick M. Zagni
Rechtsanwalt / Fachanwalt für
Bank- und Kapitalmarktrecht