Landgerichte Karlsruhe und Stuttgart: Kündigungen von Bausparverträgen nach 15 Jahren sind unwirksam !

Das Landgericht Karlsruhe hat in einem von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geführten Rechtsstreit entschieden, dass eine bestimmte Vertragsklausel der Bausparkasse Badenia AG unwirksam ist, da sie die Bausparer unangemessen benachteiligt (Urteil vom 01.09.2017, AZ: 10 O 509/16). ...

Nach dieser Klausel konnten bestimmte Bausparverträge 15 Jahre nach Vertragsabschluss gekündigt werden, sofern der Bausparer kein Bauspardarlehen abruft oder die Zuteilungsreife bis dahin nicht erreicht wird.

In einem ähnlich gelagerten Fall hat das Landgericht Stuttgart eine Vertragsklausel der Landesbausparkasse (LBS) Südwest für unwirksam erklärt (Urteil vom 16.11.2017). Danach darf die LBS ihren Kunden nicht vorzeitig kündigen, wenn diese nicht innerhalb von 15 Jahren ein BAuspardarlehen in Anspruch nehmen.

Urteile mit großer Reichweite ...

Weil diese Vertragsklausel auch von anderen Bausparkassen, wie z.B. der Landesbausparkasse Südwest, angewandt worden ist, hat diese Entscheidung eine sehr große Bedeutung. Darüber hinaus hat der Verband der privaten Bausparkassen diese Kündigungsklausel in seine Musterbedingungen aufgenommen.

Nicht zu verwechseln ist dieses Urteil mit den viel beachteten Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 21.02.2017. Dabei hatte der BGH die Kündigungen von Bausparverträgen für rechtmäßig erklärt, wenn der Vertrag mindestens zehn Jahre zuteilungsreif ist, aber der Bausparer kein Darlehen abruft.

Die Zuteilungsreife ist dann gegeben, wenn der Bausparer die erforderliche Summe angespart hat, um ein Bauspardarlehen abrufen zu können.

Die hier entschiedene Vertragsklausel beinhaltet ein einseitiges Kündigungsrecht der Bausparkassen, ohne dass es auf die Zuteilungsreife angekommen wäre.

Bausparkassen wollen alte Verträge loswerden ...

In der seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase stehen die Bausparkassen vor erheblichen Ertragsproblemen. Die Kunden halten an Altverträgen fest, auf die sie noch vergleichsweise hohe Zinsen erhalten. Auf der anderen Seite sind sie nicht daran interessiert, die Bauspardarlehen abzurufen, da sie am Markt von Banken derzeit deutlich günstigere Kreditkonditionen erhalten können.

Hauptsächlich aus diesem Grund sind die Bausparkassen daran interessiert, diese Altverträge möglichst schnell loszuwerden. Unterschiedliche Quellen sprechen davon, dass bislang mehr als 260.000 Bausparverträge gekündigt worden sind.

Die hier entschiedenen Vertragsklauseln hätten dazu geführt, dass die Bausparkassen Verträge bereits früher kündigen könnten als in der laut BGH zulässigen Variante, also zehn Jahre nach Zuteilungsreife.

Denn die meisten Bausparverträge sind erst 7 bis 10 Jahre nach Abschluss zuteilungsreif, was bedeutet, dass die Bausparkassen 17 oder 20 Jahre warten müssen, um kündigen zu können.

Durch diese Vertragsklauseln hätte sich die Wartezeit teilweise erheblich verkürzt.

Diese Klausel hat als erste Bausparkasse die LBS Südwest bereits im Jahr 2005 eingeführt. Bliebe diese Klausel zulässig, könnten die ersten Bausparverträge im Jahr 2020 mit dieser Begründung gekündigt werden.

Wir raten Bausparern an, bei einer entsprechenden Kündigung durch ihre Bausparkasse sich sofort fachkundigen Rat einzuholen.

 

Patrick M. Zagni

Rechtsanwalt / Fachanwalt für
Bank- und Kapitalmarktrecht