Die Versicherungsverträge des britischen Anbieters Clerical Medical Investment Group Ltd. stellen bei den meisten Rentenmodellen und Zinsdifferenzgeschäften eine entscheidende Komponente dar. Gleichzeitig führt die unerwartet schlechte Entwicklung vieler Policen der Clerical Medical gerade zu der schwierigen Situation der Anleger.

Clerical Medical wird von vielen Kunden vorgeworfen, vor dem Abschluss der Verträge irreführende Angaben zu den Renditen der Vergangenheit gemacht und die Verwaltung der Prämien unzutreffend dargestellt zu haben. Das Landgericht Bamberg hat nun mit zwei Urteilen vom 26.01.2009 derartige Vorwürfe erstmals bestätigt und Clerical Medical gegenüber zwei Geschädigten zu umfassendem Schadensersatz verpflichtet.

Lebensversicherungen und Rentenversicherungen auf Kredit - erste Urteile zu Gunsten der Geschädigten

Die britische Clerical Medical und die deutsche WWK wurden jeweils verurteilt, Versicherungsnehmern den Schaden aus dem Abschluss eines mit einem Kredit kombinierten Versicherungsvertrags zu ersetzen. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte dieses Urteil des OLG Karlsruhe und somit die Haftung der WWK mit Nichtannnahmebeschluss vom 29.01.2009 (AZ: III ZR 94/08). Die Begründungen der Gerichtsurteile lassen sich auch auf  Fälle anderer Betroffener übertragen.

Die gefährliche Kombination einer Lebens- oder Rentenversicherung mit einem Kredit trat insbesondere ab dem Ende der 90er Jahre in einer Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungen auf.

Zinsdifferenzgeschäft

Den Konzepten lag immer die Erwartung zu Grunde, die Versicherung werde eine höhere Rendite erbringen als Kosten für den Kredit entstünden. Man spricht daher auch von einem sogenannten Zinsdifferenzgeschäft. Es ist auf die positive Differenz zwischen den Zinsen aus der Versicherung und den Zinsen für das Darlehen ausgelegt. Leider ist diese Erwartung nur in den wenigsten Fällen aufgegangen.

Hebelgeschäft

Häufig taucht in diesem Zusammenhang auch der Begriff Hebelgeschäft auf. Er betrifft allerdings nicht nur diese Form einer Kapitalanlage, sondern allgemein den gleichzeitigen Einsatz von Eigenkapital und Fremdkapital für ein Investment. Man spricht dann von der Hebelung des Eigenkapitals durch das Fremdkapital. Kommt zu dem Eigenkapital beispielsweise die vierfache Summe aus einem Kredit, spricht man von einem Vierfach-Hebel. Je höher der Hebel, desto größer das Risiko für den Anleger. Teilweise wurde aber auch ganz auf den Einsatz von Eigenkapital verzichtet und die gesamte Einzahlung durch einen Kredit finanziert.

Finanzierungskonzepte

Ausgehend von dem Grundgedanken, dass der Gewinn aus der Versicherung höher sein wird als die Kosten des Kredits, finden sich die einfachsten Anwendungsfälle derartiger Konzepte unmittelbar im Finanzierungsbereich. So wurde häufig empfohlen den Kredit zur Finanzierung einer Immobilie noch aufzustocken und den zusätzlichen Betrag in eine Versicherung der britischen Clerical Medical einzuzahlen. Durch die hohen Zuwächse dieser Policen sollte sich der Kredit dann praktisch selbst zurückführen. Hört sich schön an – funktionierte aber meist nicht. Vielfach sehen sich die Bauherren heute einer unnötig hohen und teilweise nicht mehr beherrschbaren Finanzierungsbelastung ausgesetzt. Mit einer konventionellen Tilgung wäre ihnen ein großer Schaden erspart geblieben.

Hebelmodelle

Das gilt auch für Betroffene, die nach einer sicheren Anlagemöglichkeit für ihr Kapital suchten und mit einem Hebelgeschäft endeten. Durch die vermeintlich sinnvolle Hebelung des Eigenkapitals mit einem Kredit landeten viele Anleger bei einer wirtschaftlichen Belastung, die ihre Leistungsfähigkeit extrem übersteigt. Zu EURO 100.000,00 aus einer Erbschaft oder Abfindung trat beispielsweise ein Kredit über EURO 500.000,00 (Fünfach-Hebel). Oftmals stehen heute Existenzen auf dem Spiel. Auffällig oft wurden solche Modelle zusammen mit Krediten der heute insolventen BkmU Bank angeboten.

Standardisierte Rentenmodelle

Unter einer Vielzahl von Bezeichnungen und stets zur Ergänzung der Altersvorsorge wurden kreditfinanzierte Versicherungen als Teil standardisierter Rentenmodelle angeboten. Die Modelle mit der größten Verbreitung werden hier kurz näher dargestellt. Neben ihnen gab es unter anderem noch die Systemrente von Barkholz, die Individual-Rente, die Prestige Rente, den Profit-Plan Noble, Private BestAge des Bankhauses Wölbern und die Private-Sicherheits-Rente PSR.

SpaRenta Kombi Rente

Die SpaRenta basiert auf einer Rentenversicherung der Generali-Versicherung. Die Kredite stammten häufig von der Helaba (Schweiz), der heutigen LB (Swiss), einer damaligen Tochter der Hessisch Thüringischen Landesbank Helaba und von Rechtsvorgängerinnen der heutigen HSH Nordbank. Die Einzahlung in die Rentenversicherung wurde vollständig mit dem Kredit finanziert. Die Tilgung des Kredits sollte nach 15 Jahren durch ein Investmentdepot erfolgen, in das monatliche Einzahlungen erbracht werden mussten.

Die Rentenzahlungen wurden von der Generali mehrfach reduziert und bewegen sich heute meist nur noch minimal über dem garantierten Betrag. In den Depots sind häufig enorme Verluste entstanden. Die Tilgung der Darlehen wird allein mit den angesparten Investmentfondsanteilen nicht möglich sein. Die Tilgungslücken sind vielfach so groß, dass der zusätzliche Tilgungsaufwand die Möglichkeiten der Geschädigten übersteigt.

In vielen Fällen kann die Situation der Betroffenen über einen Widerruf nach den Vorschriften für Haustürgeschäfte verbessert werden.

Lex-Konzept-Rente:

Die Lex-Rente der seit 2001 insolventen Lex Vermögensverwaltung AG sah vor, dass über einen Kredit in eine Lebensversicherung und in ein Investmentdepot eingezahlt wird. Die Zinsen sollten über regelmäßige Auszahlungen aus der Versicherung beglichen werden. Das Depot sollte so im Wert steigen, das mit ihm nach 15 Jahren das gesamte Darlehen zurückgeführt werden kann. Eine höchst verlockende Vorstellung, da sich der Kredit damit ja praktisch selbst bedienen und zurückführen würde und einem danach die Versicherung verbliebe. Überwiegend stammten die Versicherungsverträge von der britischen Clerical Medical. Die hohen Vergangenheitsergebnisse dieses Anbieters schienen zu belegen, dass die Lex-Konzept-Rente aufgehen würde - leider tat sie es nicht.

Gerade bei diesem Modell ist die Situation der Geschädigten heute besonders dramatisch. Da in dem Depot keine Gewinne, sondern Verluste entstanden sind, und der Wert der Lebensversicherung durch die regelmäßigen Auszahlungen rapide abgenommen hat, beträgt die Lücke zwischen dem Zeitwert von Depot und Versicherung und dem offenen Kredit teilweise 2/3 des Kredits. Davon ist die Existenz vieler Anleger bedroht – zumal sich die Lücke unter normalen Umständen auch noch ständig weiter vergrößert.

Die Lex-Rente wurde meist von der Helaba (Schweiz), der heutigen LB (Swiss), finanziert. In einigen Fällen aber auch durch die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apo Bank). Auch hier besteht vielfach die Möglichkeit, über das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften gegen die Banken vorzugehen. Außerdem bestehen häufig Schadensersatzansprüche gegenüber Clerical Medical.

Europlan:

Der Europlan des heute insolventen Anbieters Röbke & Partner Finanzmakler GmbH aus Memmingen hat erhebliche Ähnlichkeiten mit dem Modell der SpaRenta. Die Versicherungsverträge stammten jedoch ausschließlich von Clerical Medical. Die Einzahlung in die Versicherung wurde ebenfalls vollständig über einen Kredit finanziert. Die Tilgung sollte regelmäßig auch über monatliche Einzahlungen in ein Investmentdepot nach 15 Jahren erfolgen - funktioniert hat auch das nicht.

In den Depots sind meist hohe Verluste entstanden und der Wert der Versicherungsverträge ist durch die Teilauszahlungen zur Deckung der Zinsen stark gesunken. Auch hier droht den Anlegern eine erhebliche Zusatzzahlung bei Ablauf der Kredite und gleichzeitig die Wertlosigkeit der Policen. Damit ist der gesamte Eigenaufwand am Ende verloren.

Die Kredite stammten in den meisten Fällen von der Bayerischen Landesbank (Bayern LB). Aber auch die Apo-Bank und ein paar Sparkassen waren am Europlan beteiligt.

Beim Europlan bestehen ebenfalls häufig rechtliche Möglichkeiten gegenüber den finanzierenden Banken sowie Schadensersatzansprüche gegenüber Clerical Medical.

Sicherheits-Kompakt-Rente (SKR):

Die Sicherheits-Kompakt-Rente aus dem Haus der Schnee-Gruppe, daher auch Schnee-Rente genannt, dürfte das Modell mit den meisten Geschädigten und den höchsten Schadenssummen sein. Die Schnee Gruppe hat ihren Geschäftsbetrieb zwischenzeitlich vollständig eingestellt, aber noch keine Insolvenz angemeldet.

Bei diesem Konzept wurde mit einem Darlehen in eine Rentenversicherung und eine oder mehrere Lebensversicherungen eingezahlt. Die Lebensversicherung sollte dann nach unterschiedlichen Laufzeiten, meist nach 15 Jahren, so im Wert gestiegen sein, dass mit ihr das gesamte Darlehen zurückgeführt werden kann. Dem Anleger verbliebe dann die Rentenversicherung. Sowohl bei den Lebensversicherungen als auch bei den Rentenversicherungen standen mehrere Anbieter zur Verfügung. Die häufigste Kombination besteht aber aus einer Rentenversicherung der Alten Leipziger und einer Lebensversicherung der Clerical Medical. Da diese Lebensversicherungspolicen auch bei der SKR bisher bei Weitem nicht die erhoffte Wertsteigerung zeigen, drohen auch hier hohe Deckungslücken.

Bereits das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 18.01.2007 einen Vermittler der Schnee-Gruppe zum Schadenersatz verurteilt, da er den Anleger nicht über sämtliche Risiken aufgeklärt hat.

Häufig finanziert wurden die Sicherheits-Kompakt-Renten wiederum durch die Helaba (Schweiz), heute LB (Swiss), die Helaba selbst, die Hamburgische Landesbank und die Schleswig Holsteinische Landesbank, beide heute HSH Nordbank, die Nord LB und diverse Sparkassen. Welche Möglichkeiten gegenüber den finanzierenden Banken bestehen ist von den Einzelheiten des jeweiligen Falles abhängig. Auch hier besitzen die Geschädigten aber häufig Schadensersatzansprüche gegenüber Clerical Medical.

WWK:

Ein Versicherungsvertreter der WWK Lebensversicherung a.G. entwickelte in den 90er Jahren ein kreditfinanziertes Rentenmodell. Über regelmäßige Entnahmen aus den Investmentfonds seien sowohl die Zinsen für das aufgenommene Darlehen, wie auch die Beiträge für mehrere fondsgebundene Rentenversicherungsverträge bei der WWK zu bezahlen. Nach Ablauf von 10 bis maximal 15 Jahren könne dann aus den Investmentfonds das Darlehen zurückgeführt werden. Die Rentenversicherungen würden den Anlegern danach verbleiben.

Der Ausschließlichkeitsvertreter hat nach den Feststellungen des OLG Karlsruhe (Urteil vom 14.03.2008, AZ: 13 U 202 / 06) dabei versäumt, auf die besonderen Verlustrisiken, wie auch das Verschuldungsrisiko hinzuweisen. Der enge Zusammenhang zwischen Vermittlung der Investmentfonds-Anteile und der Lebensversicherungen führt zur Haftung der WWK LV a. G. hinsichtlich der Beratung des gesamten Anlagemodells, das auch eine Darlehensfinanzierung mit einbezog. Der BGH bestätigte nun dieses Urteil (Nichtannnahmebeschluss vom 29.01.2009, AZ: III ZR 94/08).

Vertrieb:

Der Vertrieb solcher Rentenmodelle ist verpflichtet, den Kunden über die Risiken aufzuklären. Dies bedeutet, dass sowohl eine auf die Person des Anlegers zugeschnittene wie auch eine den Risiken und der komplexen Konstruktion der Modelle geschuldete Aufklärung und Beratung zu erfolgen hat. Da es in den „darlehensfinanzierten Rentenmodellen“ immer um den essentiellen Bereich der privaten Altersvorsorge geht, ist auch eine entsprechende vertiefende Beratung zu erbringen, die sich nicht nur auf die (angeblichen) Vorteile Beschränken darf.

Das OLG Celle hat mit Urteil vom 15.08.2002 (AZ: 11 U 291/01) in einem vergleichbaren Fall betreffend kreditfinanzierte Fondsbeteiligungen zur Absicherung der Altersvorsorge die Beratungspflichten dahin gehend konkretisiert, dass eine zusammenstellende Aufzählung und Gewichtung der Risiken erfolgen müsse. Die Risiken dürften im Prospekt nicht nur vereinzelt dargestellt werden. Ein Anlageberater, der eine solche Anlage vertreibt, schulde eine eigene Prüfung, Gewichtung und Benennung der wesentlichen Risiken der Anlage, wenn diese sich im Prospekt an keiner Stelle geballt und zusammengefasst und in leicht nachvollziehbarer Form finden. Solche übersichtlichen Darstellungen finden sich regelmäßig nicht in den Unterlagen der Betroffenen.

Oft wurden aber Berechnungsbeispiele vorgelegt, die mit Annahmen von Renditen in den Lebensversicherungs- bzw. Rentenversicherungsverträgen arbeiten, die selbst von den Versicherungsunternehmen als unrealistisch bezeichnet wurden. Auch wurde häufig mit angeblichen Vergangenheitswerten aus Fonds geworben, die nicht mit den konkret beworbenen Versicherungsfonds vergleichbar waren. Der Vertrieb schuldet bei fehlerhafter Beratung und Aufklärung Schadensersatz in Form der Rückabwicklung.